Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat die Rote Liste der bedrohten Arten aktualisiert. Der Westeuropäische Igel ist zum ersten Mal dabei und gilt nun offiziell als „potenziell gefährdet“. Ursache dafür ist der Mensch.
Der Westeuropäische Igel (Erinaceus europaeus) ist ein beliebtes Tier in Gärten, Parks und Wäldern. Einst weit verbreitet und relativ häufig anzutreffen, steht er nun auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Dies ist besorgniserregend, denn der Igel ist nicht nur ein faszinierendes Lebewesen, sondern auch ein wichtiger Teil unseres Ökosystems.
Doch was bedeutet es, dass der Igel auf der Roten Liste steht, und warum ist diese liebenswerte Spezies bedroht?
Ein Blick auf die Bedrohungen: Warum ist der Igel gefährdet?
Der Rückgang der Igelpopulation ist eng mit menschlichen Aktivitäten verknüpft, die wiederum mit Umweltveränderungen einhergehen.
- Lebensraumverlust: Intensive Landwirtschaft, Flächenversiegelung und Urbanisierung zerstören die natürlichen Lebensräume des Igels. Gärten und Parkanlagen bieten zwar alternative Rückzugsorte, aber auch diese Gebiete sind oft zu stark aufgeräumt oder versiegelt, um ausreichend Nahrung und Unterschlupf zu bieten.
- Straßenverkehr: Jahr für Jahr sterben unzählige Igel auf unseren Straßen. Besonders in der Dämmerung und nachts, wenn Igel aktiv sind, kommt es häufig zu Kollisionen mit Fahrzeugen. Die ständige Gefahr durch den Straßenverkehr hat die Population langfristig stark dezimiert.
- Pestizide: In landwirtschaftlich geprägten Regionen und auch in einigen privaten Gärten lauert durch den Pestizideinsatz eine Gefahr, die auf den ersten Blick nicht sichtbar, aber umso gravierender ist. Pestizide reduzieren das Nahrungsangebot, da viele Insekten, die Hauptnahrung für Igel, getötet werden. Einige Pestizide sind außerdem toxisch für Igel und schaden deren Gesundheit.
- Klimawandel: Auch die Folgen des Klimawandels setzen dem Igel zu. Milde Winter und häufigere, unvorhersehbare Wetterextreme stören die Überwinterungsphase der Igel. Dadurch können Energiehaushalt und Fortpflanzung negativ beeinflusst werden.
- Falsches Eingreifen des Menschen: Viele Menschen wissen wenig über die spezifischen Bedürfnisse von Igeln und versuchen manchmal aus besten Absichten heraus, den Tieren zu „helfen“, was jedoch oft das Gegenteil bewirkt. So benötigen Igel beispielsweise einen natürlichen Ort zum Überwintern und sollten nur dann „geholfen“ werden, wenn sie sichtbar geschwächt oder verletzt sind. Hierbei kontaktiert man am besten eine lokale Wildtierauffangstation, bei der man das Tier abgeben kann und die sich um eine artgerechte Pflege kümmert.
Die Bedeutung des Igels im Ökosystem
Der Westeuropäische Igel erfüllt eine wichtige ökologische Rolle: Als Insektenfresser hilft er, die Bestände von Insekten und anderen Wirbellosen zu regulieren.
Seine Ernährung umfasst eine breite Palette an Nahrung, darunter Käfer, Raupen, Schnecken und Würmer. Auf natürliche Weise trägt er so zur Bekämpfung von Schädlingen bei, die ansonsten Pflanzen und Nutzflächen schädigen könnten.
Indem er außerdem Nahrungsreste und Aas verwertet, trägt der Igel zudem zur Sauberkeit in seinen Lebensräumen bei.
Rote Liste der IUCN: Was bedeutet das für den Igel?
Der Westeuropäische Igel kommt unter anderem in Deutschland, Österreich, Großbritannien, den Benelux-Ländern und Skandinavien vor. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Population zwischen 16 – 33 % verringert. In Bayern und Flandern sind die Zahlen sogar um 50 % gesunken.
Der Igel gilt laut IUCN als „potenziell gefährdet“. Dies ist Stufe zwei einer siebenstufigen Skala, die von „nicht gefährdet“ bis „ausgestorben“ reicht.
Die Rote Liste wird seit 1964 geführt, wobei sie mittlerweile 166.000 Tier- und Pflanzenarten umfasst. Mittlerweile sind davon über 46.000 Arten bedroht, was 28 % der gesamten Liste ausmacht.
Obwohl die Rote Liste kein direkter Schutzmechanismus ist, ist sie ein wertvolles Instrument, das Behörden, Umweltorganisationen und die Öffentlichkeit für den Zustand bedrohter Arten sensibilisiert. Man erhofft sich, dass mehr Bewusstsein und gezielte Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Wie können wir den Igel schützen?
- Igel-freundliche Gärten gestalten: Ein naturnaher Garten bietet Igeln Unterschlupf, Nahrung und Schutz. Totholz, Laubhaufen und Sträucher sind wichtige Rückzugsorte. Gartenzäune sollten so gestaltet sein, dass sie Durchgänge ermöglichen, damit sich Igel frei bewegen können.
- Keine Pestizide verwenden: Der Verzicht auf chemische Schädlingsbekämpfungsmittel schont das natürliche Nahrungsangebot der Igel. Stattdessen können biologische oder mechanische Methoden zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, um Umwelt und Tiere zu schonen.
- Verkehrsopfer vermeiden: Autofahrer können besonders in ländlichen Gegenden und während Nachfahrten besonders auf die Umgebung achten.
- Bewusstsein schaffen: Aufklärung und Bildung sind entscheidend. Jeder kann im eigenen Umfeld über die Bedürfnisse des Igels informieren und auf seine Gefährdung aufmerksam machen.
- Meldung an Naturschutzbehörden: Wenn verletzte oder in Not geratene Igel gefunden werden, sollte eine Meldung an die lokale Wildtierauffangstation erfolgen.
Wildtierhilfe Odenwald (Bad König): wildlebende Kleinsäuger wie Eichhörnchen, Bliche (z.B. Siebenschläfer), Feldhasen, Fledermäuse. Telefon: 0163-351 50 58
Auffangstation Grasellenbach: Säugetiere (Igel, Rehe, Marder etc.), Singvögel, Greifvögel, Eulen – Mauersegler und Schwalben werden weiter gegeben. Mobil: 0162-827 08 85; Telefon: 06207-56 87
Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie hat ein Meldeportal für Igel eingerichtet, auf dem man Sichtungen eintragen kann: Meldeportal Igel
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